Das Versorgungsstärkungsgesetz

Am 22. Juli 2015 ist das "Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-VSG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und in Kraft getreten. Es enthält einige besonders für Patientenvertreter auf Ebene der Bundesländer interessante neue Regelungen (eingerückt in blauer Schrift):

§ 140f SGB V wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 werden nach der Angabe „§ 90“ die Wörter „sowie den erweiterten Landesausschüssen nach § 116b Absatz 3“ eingefügt.
b) Folgender Absatz 7 wird angefügt:
„(7) Die in der Verordnung nach § 140g genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen sowie die sachkundigen Personen werden bei der Durchführung ihres Mitberatungsrechts nach Absatz 3 von den Landesausschüssen nach § 90 unterstützt. Die Unterstützung erstreckt sich insbesondere auf die Übernahme von Reisekosten, Aufwandsentschädigung und Verdienstausfall entsprechend Absatz 5 für jährlich bis zu sechs Koordinierungs- und Abstimmungstreffen, auf Fortbildungen und Schulungen der sachkundigen Personen sowie auf die Durchführung des Benennungsverfahrens nach Absatz 3 Satz 4.“

Das bedeutet:

a) Patientenvertreter sind jetzt auch im erweiterten Landesausschuss auf gesetzlicher Grundlage vertreten. Und durch einen Zusatz zu § 116b (Absatz 3 Satz 7) bekommen sie auch in dem "Erledigungsgremium", das die konkrete Ausschussarbeit macht, ein Mitberatungsrecht. Beides wurde uns nämlich von den großen Akteuren -- Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhausgesellschaft und Krankenkassen -- bisher verweigert; im erweiterten Landesausschuss wurden wir immerhin gnädig geduldet. Das Argument war, laut Gesetz sei für diesen Ausschuss eine Patientenbeteiligung nicht vorgesehen. Das ist jetzt anders.

b) Zweitens bekommen wir nach mehr als zehn Jahren endlich Unterstützung bei der Koordination der Patientenbeteiligung, für regionale und überregionale Abstimmungstreffen sowie für Fortbildung und Schulung. Denn bisher wurde diese Arbeit irgendwie nebenbei erledigt, teils von einer der beteiligungsberechtigten Patientenorganisationen (bis 2010 von der LAG für behinderte Menschen, seitdem von der Verbraucherzentrale) und teils in ehrenamtlicher Arbeit.

In der Begründung, die zum Entwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes der Bundesregierung vom Februar 2015 mitgeliefert wurde, wird das noch deutlicher, zuerst im allgemeinen Teil (S. 57):

II.2.10 Stärkung der Patientenbeteiligung auf Landesebene

Die Patientenbeteiligung auf Landesebene wird gestärkt. Die Wahrnehmung der Mitberatungs- und Stellungnahmerechte der auf Landesebene maßgeblichen Patientenorganisationen gemäß § 140f Absatz 3 SGB V in den Landesausschüssen nach § 90 SGB V, im gemeinsamen Landesgremium nach § 90a SGB V, in Zulassungsausschüssen nach § 96 SGB V und den Berufungsausschüssen nach § 97 SGB V sowie bei der Aufstellung eines Bedarfsplans zur Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung erfordert ein hohes Engagement der Beteiligten. Der Aufwand zur fachlichen Aufbereitung der Beratungsunterlagen sowie zur entsprechenden Meinungsbildung und die Abstimmungen von Positionen ist erheblich und ohne professionelle Zuarbeit für die in der Regel ehrenamtlich arbeitenden Patientenvertreter nur schwer leistbar. Darüber hinaus fehlt es an Fortbildungen und Schulungen von Patientenvertretern. Mit der Regelung in § 140f Absatz 7 SGB V wird die Unterstützung auf Landesebene durch Finanzierung von Abstimmungstreffen, Koordinierung insbesondere im Benennungsverfahren sowie Fortbildung oder Schulung der Patientenvertreter geregelt. Die Ergänzung in § 140f Absatz 3 SGB V stellt eine einheitliche Patientenbeteiligung in den erweiterten Landesausschüssen sicher.

Und dann im Besonderen Teil zu den erwarteten Kosten (S. 65 und 69):

Zur Stärkung der Patientenbeteiligung auf Landesebene (§ 140f Absatz 7 SGB V) entstehen den Landesausschüssen nach § 90 SGB V, die paritätisch von den Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und den Verbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkrankenkassen andererseits finanziert werden, Kosten in Höhe von weniger als 50 000 Euro jährlich. Nur etwa sechs Treffen im Jahr sollen finanziert werden. Geschätzt werden die Kosten für ein bundesweites Treffen auf ca. 7 000 Euro, drei länderübergreifende Treffen auf jeweils 3 000 Euro und zwei landesweite Treffen auf jeweils 1 000 Euro. Bei Fortbildungen und Schulungen ist davon auszugehen, dass diese in der Regel länderübergreifend stattfinden werden und Kosten in Höhe von etwa 8 000 Euro verursachen. Zu beachten ist, dass sich die Erstattungsansprüche der teilnehmenden Personen anteilig gegen den jeweiligen Landesausschuss richten.

Sowie zum § 140f selbst (S. 129):

Zu Nummer 70 (§ 140f)

Zu Buchstabe a
In den erweiterten Landesausschüssen zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung haben die auf Landesebene maßgeblichen Patientenorganisationen ein Mitberatungsrecht. Sie entsenden auch in diese Gremien sachkundige Personen. Die Vorschrift stellt dies klar.

Zu Buchstabe b
Die Regelung verankert Ansprüche der Patientenorganisationen und der von ihnen entsandten sachkundigen Personen auf Unterstützung durch den jeweiligen Landesausschuss in vergleichbarer Weise wie auf der Bundesebene durch den Gemeinsamen Bundesausschuss. Bei Koordinierungs- und Abstimmungstreffen, Fortbildungen und Schulungen sowie im Benennungsverfahren, das nach Absatz 3 Satz 4 von den maßgeblichen Organisationen auf Bundesebene für die Landesebene durchzuführen ist, haben die Patientenorganisationen und die von ihnen benannten sachkundigen Personen zukünftig einen Anspruch auf Unterstützung durch die jeweiligen Landesausschüsse. Die Unterstützung kann insbesondere darin bestehen, dass Reisekosten, Verdienstausfall und Aufwandsentschädigung für Koordinierungs- oder Abstimmungstreffen, beispielsweise im Vorfeld der Beratungen oder zur Koordinierung der Benennung, die einvernehmlich zu erfolgen hat, bis zu sechsmal im Jahr übernommen werden. Die Koordinierungs- und Abstimmungstreffen können landesweit oder länderübergreifend erfolgen, wobei ein Treffen pro Jahr bundesweit durchgeführt werden soll. Bisher haben die sachkundigen Personen einen solchen Anspruch auf Kostenübernahme nur für die Sitzungsteilnahme. Soweit die Patientenvertretungen Fortbildungs- oder Schulungsbedarf haben, haben einige Kassenverbände und Kassenärztliche Vereinigungen solche Veranstaltungen in der Vergangenheit schon angeboten, jedoch nur auf freiwilliger Basis. Zukünftig besteht ein Anspruch auf Unterstützung der Teilnahme. Dabei können die Trägerorganisationen der Landesausschüsse (Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassenverbände) solche Veranstaltungen selbst anbieten oder die Teilnahme durch Übernahme von Kosten einschließlich Reisekosten ermöglichen.

Der Satz "in vergleichbarer Weise wie auf der Bundesebene durch den Gemeinsamen Bundesausschuss" (hier im Text von uns unterstrichen) kann eigentlich nur bedeuten, dass -- wie dort -- auch auf der Landesebene Geld und Personal für diese Unterstützung nötig ist.